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Kanalfahrt durch Südfrankreich: Kaum die Handbreit Wasser unterm Kiel!


Eine der vielen Brücken über den Canal du Midi

Wie kommt man vom Mittelmeer wieder in den Atlantik und zur Biskaya? Durch die Straße von Gibraltar ist die eine Alternative, danach dann noch Portugal und gegen Wind und Strom nach Norden ... Oder man hat wenig Tiefgang und kann direkt von Séte nach Bordeaux durch die Kanäle fahren. Zuerst den uralten Canal du Midi bis nach Toulouse. Von dort dann parallel zur Garonne im Kanal bis nach Castets en Dorthe. Die letzten Meilen nach Bordeaux legt man direkt auf der Garonne zurück.

Aber was heisst eigentlich wenig Tiefgang? Wir haben nominell 1,40m. Vom Canal du Midi wird berichtet, er sei 1,50m tief. Die telefonische Auskunft der französischen Kanalbehörde (VNF) lautet 1,60m. Auf offiziellen Dokumenten im Internet wird eine garantierte Mindesttiefe von 1,40m genannt. Der Canal Lateral du Garonne soll tiefer sein. Also sind wir mal mutig und vertrauen auf die garantierte Mindesttiefe. Aber eine gewisse Anspannung lässt sich nicht leugnen. (BTW: Literaturtipp: Inland Waterways of France (8th Edition). Da sind alle Schleusen drin und auch sonst eine Menge wichtige Infos zu den Kanälen in Frankreich.)

Vor uns liegt ein spannendes Abenteuer mit anstrengender Schleusenaction, häufigen Grundberührungen, aber schöner Natur und netten Orten.

7.6.2012: Bye bye Mittelmeer!

Heute morgen sind wir um halb Acht aufgestanden, um pünktlich die große Brückendurchfahrt durch Séte mitzubekommen. Es gibt dafür immer nur einen Termin morgens und einen abends. Vorher war ich noch kurz im Hafenoffice, um zu bezahlen. Die nette junge Dame sprach super Englisch und hat für uns noch die Brückenwächter angerufen, um uns auf deren Liste zu setzen.

Um 0915 Uhr war es dann soweit. Wir und mit uns eine ganze Reihe anderer Boote können durch die ersten zwei Brücken fahren. Danach folgen noch drei weitere Brücken, aber irgendwie geht es erst mal nicht weiter. Vermutlich haben die Brückenwärter auf ein großes Baggerschiff gewartet, das noch nicht ganz fertig zur Durchfahrt war. Jedenfalls hat es gute 45 Minuten gedauert, bis die nächsten Brücken geöffnet wurden. Dann ging alles sehr schnell. Alle Boote sind im Eiltempo durch. Beim letzten Boot, ein großer Katamaran, wurde von den Brückenwärtern schon kräftig gehupt, dass es sich beeilen solle. Danach waren die Brücken auch ganz schnell wieder unten.

Hinter Séte liegt eine große Salzwasserlagune, der Etang de Thau. Hier befinden sich riesige Austernbänke. Um die Wasserqualität aufrecht zu erhalten, sind drakonische Strafen ausgeschrieben für die Leute, die ihre Bordtoilette hier entleeren. Ok, wir reissen uns zusammen ...

Im Südwesten des Etang de Thau liegt die kleine Stadt Marseillan. Diese Marina ist unser Ziel. Dort soll man den Mast legen können. Wir machen ziemlich unkomfortabel fest an einer Steinpier, die auf Höhe des Wasserspiegels noch einen Betonabsatz hat. Aber mit den Fendern ganz tief geht es einigermaßen. Ich gehe zum Hafenoffice und frage, ob wir hier bleiben und den Mast legen können. Den Mast legen können wir - aber erst am Montag. Bleiben können wir nicht, weil hier mal wieder eine Regatta stattfindet und der ganze Hafen reserviert ist. Wir sollen es doch mal in Mèze, 5 Meilen weiter nördlich probieren. Hier müssen wir jedenfalls bis spätestens 1800 Uhr wieder weg sein ...

Frustriert gehen wir erst mal einkaufen. Wir finden einen großen Supermarkt und decken uns ein. Zurück an Bord ist es bereits 1330 Uhr. Wir können nun in Mèze anrufen. Und tatsächlich, man hat Platz für uns! Ein Glück, denn ankern darf man im Etang de Thau auch nicht und zurück nach Séte durch die ganze Brückenaction wollen wir natürlich ebenfalls nicht.

Also fahren wir nach Mèze. Hier bekommen wir einen Platz und können auch bis Montag bleiben. Der Preis hält sich in Grenzen, keine 20 EUR pro Tag. Billiger als Séte. Nun rufe ich in Marseillan an, um klarzumachen, dass wir am Montag dort den Mast legen wollen. Aber - Vive la France!!! - man spricht am Telefon kein Englisch. Die Rettung ist unsere perfekt französisch sprechende Freundin Claudia!!! Wir rufen sie in Deutschland an, schildern ihr die Situation, und sie ruft für uns in Marseillan an. Na also! Montag um 1100 Uhr haben wir dort unseren Mastlegetermin. Und dann geht es endlich in den Canal du Midi!

Am Steg in Mèze gibt es leider keinen Strom. Deshalb haben wir mal wieder unseren Windgenerator in den Mast gezogen. Windig ist es im Moment ausreichend.

Die Brücken
von Sete
Der Windgenerator
arbeitet
Strand von Meze Hafen von Meze

10.6.12: Ein paar nette Tage in Mèze

Mèze ist ein ganz nettes Örtchen am Etang de Thau. Hinter dem Hafen liegt die kleine Altstadt mit engen Gassen und alten Fassaden. Von den Restaurants am Hafen abgesehen ist der Ort wenig touristisch und eher gemütlich. Es gibt noch nicht einmal einen Handy-Laden hier - aber immerhin zwei große Supermärkte.

Am Freitag sind wir mit dem Bus in den nächsten größeren Ort, Balaruc, gefahren. Die Busfahrt kostet pro Person 1,50 EUR. In Balaruc gibt es ein großes Einkaufszentrum. Und in dem Einkaufszentrum gibt es auch einen Orange-Shop. Leider haben die Orange-Franzosen erst ab Juli einen Pre-Paid-UMTS-Stick für den PC. Schade, der spanische war so praktisch und günstig. Ich habe es dann mit einem anderen Anbieter versucht (Bouygues Telecom), aber die 9 EUR für den Stick waren eine Fehlinvestition. Der Stick lässt sich nur via Internet aufladen. Das geht mit der deutschen Kreditkarte nicht ... Shit happens, dann müssen wir uns eben von WiFi zu WiFi hangeln.

Im Einkaufszentrum von Balaruc gibt es auch einen Baumarkt (Mr. Bricolage). Dort haben wir uns Holz und Nägel für die Maststütze besorgt.

Zurück in Mèze haben wir uns abends in der "Matt Bar" die ersten beiden Spiele der EM angesehen. Polen gegen Griechenland ging überraschend 1:1 aus. Russland hat Tschechien souverän 4:1 geschlagen.

Gestern war dann der große Tag für Deutschland. Aber vorher haben wir am Schiff gearbeitet. Die Maststütze ist jetzt fertig und wartet auf den Mast, den wir (so jedenfalls ist es geplant) morgen in Marsaillan legen lassen. Außerdem haben wir viele schwere Sachen im Vorschiff verstaut. Dadurch kommt das Heck ein paar Zentimeter aus dem Wasser und unser Tiefgang verringert sich ein wenig. Im Canal du Midi zählt vielleicht jeder Zentimeter ...

Bevor wir uns dem Fußball zu gewendet haben, wurde an Bord gekocht. Wir haben drei Riesenshrimps mit Knoblauch und Olivenöl in die Pfanne gehauen. Dazu gab es leckeren Salat und Rotwein (natürlich aus dieser Gegend). Und zum Nachtisch noch frische Erdbeeren. So gestärkt wollten wir uns die zweite Halbzeit Holland vs. Dänemark ansehen. Aber das ging nicht. Die Franzosen hatten alle ein Rugby-Finale im Fernsehen. Zum Glück war das aber kurz nach dem Holland-Spiel vorbei. Wir haben das Spiel im Internet verfolgt ... was für ein missratener Auftakt für die Holländer (0:1 verloren)!

Dann sind wir wieder in die Bar von gestern gegangen. Die Ortsansässigen waren der Meinung, ich mit meinen langen Haaren könnte doch nur Portugal-Fan sein :-) Bin ich aber nicht :-) Und das war ja auch wieder mal kein Spiel für schwache Nerven. Zum Glück hat Gomez in der zweiten Hälfte einen reingemacht. So konnten wir die Bar mit einem Grinsen im Gesicht und begleitet von den Glückwünschen der Franzosen (die mehrheitlich zu Portugal gehalten haben) verlassen.

Heute haben wir noch mal einen Spaziergang durch den Ort gemacht. Auf dem zentralen Platz der Stadt ist Markt. Es gibt viele Bekleidungsstände, aber auch Gemüse, Obst, Fleisch- und Wurstwaren und ein paar Imbissstände. Auch die Markthalle hat geöffnet. Man fragt sich, wo die vielen Menschen auf einmal herkommen? Aber es herrscht eine nette, entspannte Stimmung.

Eben haben wir die letzten Vorbereitungen zum Mastlegen getroffen (Kabel getrennt, Splinte entfernt, den Baum abgenommen ...). Jetzt freuen wir uns auf den Klassiker Spanien vs. Italien und genießen den letzten Abend in Mèze. Morgen sind wir dann hoffentlich im Canal du Midi.

11.6.12: Den Mast gelegt und in den Canal du Midi

Heute war es dann endlich soweit. Um 1100 Uhr hatten wir einen Termin zum Mastlegen in Marsaillan. Wir waren eine halbe Stunde früher da, musten etwas warten und waren dann pünktlich um 1100 Uhr an der Reihe. Das Mastlegen war absolut problemlos und günstig (42,70 EUR). Noch alles richtig festgeschnallt und los geht es in den Canal du Midi.

Die Einfahrt ist im Etang de Thau markiert mit einem Leuchtturm. Von dort geht es erst mal in Richtung des Flusses Herault. Vorher kommt die erste Schleuse. Wir sind um 1310 da ... der Schleusenwärter hat noch Mittagspause bis 1330. Wir nutzen die Gelegenheit und machen uns auch die Reste vom Curry warm.

Der Mast liegt Ein Eimer schützt
vor Schäden
Einfahrt in den Canal du Midi

Die erste Schleuse klappt ganz gut. Der Höhenunterschied ist relativ gering. Weiter geht es zum Herault. Wir überqueren den Fluss und biegen ein zur Rundschleuse von Agde. Diese Schleuse ist tatsächlich kreisrund. Sie hat drei Ausgänge, einen zum Herault (von dort kommen wir), einen nach Agde und einen nach Beziers (dorthin wollen wir). Bevor wir dran sind, schleusen zwei große Boote von Agde kommend in Richtung Herault. Dann dürfen wir einfahren. Eine freundliche Heidelbergerin hilft uns beim festmachen. Wir schleusen und legen wieder ab. D.h. wir versuchen es, aber es ist gar nicht so leicht, in einer runden Schleuse abzulegen, wenn vorne und hinten ein gutes Stück Mast heraussteht und an der Schleusenwand kratzt. Irgendwie klappt es doch, aber es war schwierig.

Nun kommt ein langes Stück Canal ohne Schleusen. Nur ein paar Brücken, rechts und links schöne Natur. Dazu ganz gutes Wetter. Sehr schön und idyllisch. Nur hin und wieder nickt das Boot kurz. Dann sind wir offenbar über einen Lehmklumpen oder eine Unterwasserpflanze gefahren. Aber wir lassen uns nicht beirren.

Die Wirklichkeit hat uns wieder in der nächsten Schleuse. Sie ist, wie fast alle Schleusen hier, nicht rund, aber auch nicht gerade, sondern oval. Da wir aufwärts schleusen, sind die Schleusenwände bei der Einfahrt ziemlich hoch. Zum Glück hilft uns ein freundlicher Motorbootfahrer und das Schleusen klappt auch hier ganz gut.

In der nächsten Schleuse ist es schon schwieriger. Dort hilft uns erst mal keiner und wir kommen vom Boot aus nicht an die Poller zum Festmachen heran ... Erst als ich den Schleusenwärter, einen grimmigen Herren im Feinrippunterhemd, bitte, uns zu helfen, geht es.

Weiter geht es. Wir nähern uns nun schon Beziers. Für die nächste Schleuse haben wir uns einen Schlachtplan überlegt. Petra setze ich vor der Schleuse ab. Sie steht also in der Schleuse oben und kann die Leinen abnehmen. Gute Idee ... aber noch nicht so gut ausgeführt. Petra bekommt von mir zwar die Heckleine angereicht, aber der Bug treibt ab und ich schaffe es nicht mehr, Petra die Bugleine zu geben. Merde!!!! Wir stehen quer. Der Schleusenwärter kommt mit einem langen Stab und nimmt mir die Leine ab. Trotzdem stoßen wir hinten mit dem Mast an und verbiegen unseren Windanzeiger. Ist zum Glück Metall, kann man wieder gerade biegen.

Die letzte Schleuse, direkt in Beziers, ist eine sehr hohe Schleuse. Hier gibt es Stangen in der Schleuse, an denen man festmacht und an denen die Leine nach oben gleitet. Das klappt super. Abgesehen davon, dass ich erst mal die Leiter in der Schleuse hochsteigen muss, um der Schleusenwärterin zu sagen, dass wir in der Schleuse sind und gerne nach oben möchten. Hat sie nämlich gar nicht gemerkt ...

Wir machen fest im Hafen von Bezier. Außer Pollern und nicht angeschlossenen Stromkästen gibt es hier nichts. Also schließen wir das Boot ab und machen uns auf den Weg in die Stadt. Wir durchqueren einen Teil des Ortes, von dem wir den Eindruck haben, bei Dunkelheit hier mit Sicherheit überfallen zu werden ... gruselig! Zu allem Überfluss fängt es auch noch aus Kübeln an zu schütten. Ganz großartig!!! Auf halbem Weg in die City kehren wir um und gehen Richtung Bahnhof, in der Hoffnung, hier etwas Essbares zu finden. 300m hinter dem Bahnhof gelingt uns das in einem großen Einkaufszentrum. Wir bekommen noch den Rest von Frankreich vs. England mit (1:1), wechseln die Bar (weil in der ersten die Bedienung so lahmarschig war ...) und essen ein paar Tapas (zumindest so eine Art Tapas) in einem anderen Restaurant. Immerhin, der junge Mann, der uns bedient, ist total nett und spricht sogar englisch. Und nebenan gibt es sogar WiFi im Cafe ... in welchem aber leider die Bedienung den Login-Code vergessen hat. Also doch kein WiFi :(

Die Schleuse
von Agde
Brücken-
durchfahrt
Beziers

12.6.12: Von Beziers nach Argens-Minervois

Um 0800 Uhr klingelt uns der Wecker aus dem Schlaf. Schnell ein bisschen Kaffee und wach werden, um 0900 öffnet die Schleuse aus dem Hafen von Beziers. Wir schleusen mit einem deutschen Motorboot aus Hamburg, das uns auch in den folgenden Stunden begleitet. Direkt nach der Schleuse von Beziers (die wir quasi mit links nehmen :-) ) überqueren wir in einem hohen Aquädukt die Orb. Und dann erwartet uns eines der Schleusenhighlights der ganzen Fahrt: Die Schleusentreppe von Foncérannes! Hier liegen sechs Schleusenkammern hintereinandern in Stufenform. Man schleust also von einer Schleuse zur nächsten, sechs mal in Folge. Kurz vorher passieren wir einen Wasserkeil. Auch das ein Wunder der Schleusentechnik. Hier werden besonders lange Schiffe, die nicht in die Schleusentreppe passen, nach oben oder unten befördert, in einer schrägen Rinne, in der Schiff samt Wasser nach oben oder unten geschoben wird.

Aber wir sind ja kurz ... Die Schleusentreppe schleust ab 1000 Uhr nach oben. Wir warten noch eine halbe Stunde und legen rechts an der Wiese an. Kurze Absprache mit dem anderen deutschen Boot, was mit uns gemeinsam schleust. Dann geht es los. Ich setze Petra vor der Schleuse an Land ab, damit sie in der Schleuse die Leinen annehmen kann. Rein in die erste Kammer. Petra bekommt die Leine, legt sie über einen Poller, ich ziehe uns an der Mittelklampe dicht ran. Dann bekommt Petra noch die Vorleine, um das Schiff seitlich stabil zu halten. Und dann wird geschleust. Das Wasser bricht tosend aus der nächst höheren Stufe in die Schleusenkammer. Während es aufwärts geht, müssen wir die Leinen nachziehen. Ziemlich anstrengend. Und das ganze dann gleich wieder von vorn: Ablegen, einfahren, Leine übergeben, festmachen, schleusen ... Eigentlich bin ich ja nicht so ein Freund vom sogenannten "Manöverschluck", aber nach diesen sechs Schleusenvorgängen hat man sich wahrlich einen kurzen Drink verdient. Wir trinken einen Rotwein aus Schnapsgläsern (man muss es ja nicht gleich übertreiben).


Die Megaschleusentreppe von Foncérannes

Nach der Schleusentreppe wird es (Gottseidank!) beschaulich. Wir tuckern gemütlich durch den Kanal, der von hier ab auf einer Länge von 53 Kilometern keine einzige Schleuse mehr hat. Auch das eine geniale Meisterleistung seines Erbauers Baron Riquet. Der hat den Kanal einfach einer Höhenlinie folgend geplant. Aber was heisst schon einfach. Immerhin wurde der Kanal Ende des 17ten Jahrhunderts erbaut. Uns war nicht bewusst, dass man zu der Zeit schon so exakt Höhenlinien messen konnte. Vielleicht hat man ja eine große Wasserwaage genutzt?

Wir passieren den unheimlichen 161 Meter langen Tunnel von Malpas und gelangen etwas später in den Ort Capestang. Dort bleiben die Hamburger Motorbootfahrer. Wir aber fahren weiter. Im Ort Robin, wo seitlich ein Kanal vom Ort Port Nouvelle in den Canal du Midi mündet, können wir Diesel tanken. Durch die langsame Motorfahrt und die niedrigen Umdrehungen haben wir seit der letzten Tankstelle weniger als 1,5 Liter pro Stunde verbraucht (sonst sind es 2!). Das freut den Geldbeutel :-)


Der Tunnel von Malpas

Von nun an fahren wir durch eine traumhafte Landschaft mit Platanen, grünen Wiesen, Weinreben. Dazwischen weiße Pferde. Im Wasser Fischotter und Enten. Im Hintergrund die Pyrenäen, viel Wind aber meist Sonnenschein und weiße Wolken. Es geht noch ein ganzes Stück weiter bis wir die Schleuse von Argens erreichen. Ich setze Petra vor der Schleuse fliegend ab, sie nimmt die Leinen an, wir machen fest, schleusen, und fahren wieder raus. So langsam haben wir das im Griff!

Ausblick auf
die Pyrenäen
Boote am
Wegesrand
Noch 'ne
Brücke
Weinberge

1 Kilometer hinter der Schleuse liegt auf der rechten Seite eine Marina. Wir haben für heute genug Strecke gemacht und fahren dort hinein. Es gibt hier Strom, Wasser und eine heiße Dusche. Und im Ort ein Restaurant mit WiFi!!! Na also!!

Das Restaurant ist total nett. Wir essen sehr lecker und trinken Wein, den die Wirtsleute selbst herstellen. Eine ganz herzliche und angenehme Atmosphäre ... so wünscht man sich Frankreich!

13.6.12: Von Argens-Minervois nach Trebes

Wieder klingelt der Wecker früh. Ich besorge uns Brot und Croissants. Um 0900 Uhr legen wir ab. Dirkt vor uns liegt die erste Zweistufenschleuse. Mit uns schleust ein Charterboot, das von Deutschen gefahren wird. Claudia und Hans werden uns den ganzen Tag von Schleuse zu Schleuse begleiten. So langsam klappen die Schleusenmanöver mit uns beiden super! Das ist auch nötig, denn wir passieren heute noch weitere 8 Schleusen, davon 4 Zweistufen- und 2 Dreistufenschleusen. Das geht ganz schön in die Arme.


Über weiter Strecken geht es durch Platanenalleen

Aber das Wetter zeigt sich von seiner schönen Seite. In dem Ort La Redorte machen wir Mittagspause (die Schleusen machen ja auch Mittagspause). In der nächsten Schleuse gesellt sich zu unseren beiden Booten noch ein drittes Motorboot, ebenfalls Deutsche. Marion und Markus sind schon etwas routinierter, weil sie in diesem Revier schon öfter unterwegs waren. Zu dritt schleusen wir durch bis vor Trebes.

Wir suchen gemeinsam ein Restaurant und haben Glück, denn dort wir auch Fussball gezeigt. Deutschland vs. Holland. Was für ein Klassiker! Die Holländer müssen unbedingt gewinnen, sonst ist das Turnier aus. Deutschland gewinnt 2:1!!! Jetzt braucht Deutschland nur noch einen Punkt, um die Endrunde sicher zu erreichen. Es sei denn, dass die Portugiesen gegen Holland verlieren. Dann wäre Deutschland auf jeden Fall weiter ... mal sehen, wie es am Sonntag ausgeht.

Jedenfalls haben wir einen sehr lustigen Abend, den wir bei Rotwein auf dem Boot von Markus und Marion ausklingen lassen.

14.6.12: Von Trebes nach Carcassonne

Nach der letzten Nacht sehen wir beide heute morgen noch etwas müde aus. Ich gehe mit Claudia zum Bäcker und finde auch (zum Glück) einen Bankomat, denn wir sind in Bezug auf Bargeld ziemlich pleite.

Eigentlich sollte um 0900 Uhr die vor uns liegende Dreierschleuse von Trebes nach unten schleusen. Aber es tut sich nichts. Stattdessen sind Männer an den Toren zu Gange. Irgendwas ist defekt. Erst um kurz vor Zehn geht es los. Nach einer halben Stunde dürfen wir dann unten in die Schleuse einfahren. Mit uns schleust ein kleines und ein großes Motorboot. Das kleine Boot fährt zuerst ein und macht rechts fest. Das hatten wir mit ihnen so abgesprochen, weil wir wegen des langen Mastes besser auf der linken Seite anlegen. Dann kommen wir, dann das große Motorboot. Die Senioren auf dem kleinen Boot sind totale Dilletanten. Bis sie fest in der Schleuse sind, vergehen zähe Minuten. Aber irgendwann sind wir dann alle drin und die Schleusung kann beginnen. Hier stürzen mal wieder riesige Wassermassen in die Schleusenkammer und wir müssen schwer an den Festmachern ziehen, um nicht abzudriften. Und das Ganze dann auch wieder gleich dreimal hintereinander ...

Bis zur nächsten Schleuse sind es sieben Kilometer. Das kleine Motorboot mit den Senioren gibt ordentlich Gas. Wir hängen etwas hinterher, weil wir die Höchstgeschwindigkeit auf dem Kanal von 8 km/h nicht allzudeutlich überschreiten wollen. Als wir die Schleuse erreichen, liegen die alten Säcke schon drin ... natürlich jetzt auf der linken Seite! Auf die rechte Seite wollen wir wegen des Mastes nicht und es wäre mit dem großen Motorboot auch knapp dort. Frustriert lassen wir dem großen Motorboot den Vortritt und signalisieren der netten Schleusenwärterin, dass wir auf die nächste Schleusung warten.

Endlich sind auch wir dran. Beim Anlegen in der Schleuse merke ich, dass etwas mit dem Motorleerlauf nicht stimmt. Immer, wenn ich einen Gang einlege, wird direkt Gas gegeben. Das sollte so eigentlich nicht sein. Also legen wir nach der Schleuse an und ich schaue mir die Sache an. Eine Schraube hatte sich gelöst. Hat eine Weile gedauert, bis ich die in der Backskiste, in der die Schaltmechanik montiert ist, gefunden habe. Aber nach einer halben Stunde ist alles wieder repariert. Wir warten noch die Mittagspause der Schleusen ab (es ist schon kurz vor Eins), dann geht es weiter.

Die nächsten Schleusen laufen ganz gut. Wir schleusen allein, das macht die Sache schneller und entspannter. Am frühen Nachmittag erreichen wir die Schleuse von Carcassonne. Eine Schleuse vorher passieren wir das große der beiden Motorboote vom Morgen. Weil wir nicht an das Ufer herankommen (zu flach), setze ich Petra auf dem Motorboot ab, damit sie an die Schleuse gehen kann. Als ich wieder ablege, bekomme ich vom Motorboot eine Lage Iberico-Schinken (eingeschweißt in Folie) ins Cockpit gelegt. Ich verstehe zwar nicht, was dazu gesagt wird, aber ich denke, es ist der Dank, dass wir sie heute Vormittag vorgelassen haben. Auf jeden Fall echt nett!


Carcassonne

In Carcassonne gibt es einen kleinen Hafen, in dem auch wir einen Platz finden. Zur historischen Altstadt aus dem Mittelalter werden wir es heute nicht mehr schaffen. Dazu sind wir einfach zu müde. Außerdem waren wir vor langen Jahren schon einmal hier. Aber wir schaffen es, ein Huhn auf unserem Cobb-Grill zu brutzeln (mit dem neuen Aufsatz für Brathähnchen). Nach kaum zwei Stunden ist die Henne durch - und schmeckt echt lecker!!!!

Jetzt gehen wir noch ein bißchen Fußball gucken und morgen geht's weiter.

P.S.: In der Schleuse von Carcassonne war ein Segelboot in Gegenrichtung zum Mittelmeer unterwegs. Ich habe kurz mit ihnen gesprochen, sie haben 1,40m Tiefgang wie wir und sind von Bordeaux gekommen. Das ist doch mal eine beruhigende Information. Jetzt müssen wir nur noch die Schlickspalte finden, die die gezogen haben :-)

15.6.12: Von Carcassonne nach Saint-Martin-Lalande

Was für ein Tag heute. Mehrfach sind wir im Schlick gesessen, immer wieder hat uns unser starker Motor freigeschaufelt. 13 Schleusenkammern haben wir hinter uns gebracht. 34km Strecke haben wir gemacht.

Um kurz nach 0900 ging es in Carcassonne los. Bis zur ersten Schleuse sind es 5km. Als wir die Schleuse sehen, will sie gerade schließen, weil schon ein Boot drinnen ist. Aber man sieht auch uns und die Schleusentore gehen wieder auf. Bevor wir einfahren, setze ich Petra an Land. Aber das ist gar nicht so einfach. Unmittelbar vor der Schleuse gibt es richtige Schlickberge. Ich komme kaum ans Ufer. Petra schafft es gerade so, vom Bug an Land zu springen, aber Sophie sitzt erst mal fest!!! Ich ackere hin und her, mal vor, mal zurück. Langsam fängt das Boot an, sich zu drehen - und kommt gleich wieder fest. Also weiter, hin und her, vor und zurück. Nach einer gefühlten Ewigkeit - Petra ist schon längst in der Schleuse und wartet - bekomme ich Sophie frei und kann in die Schleuse einfahren. Auch direkt vor der Schleuse ist noch einmal ein großer Haufen Schiet. Vollgas und durch!!! Puh! Geschafft!

Diese flachen Stellen begleiten uns den ganzen Tag. Aber wir sind etwas vorsichtiger geworden. Ich drehe Sophie beim Absetzen von Petra so, dass sie mit dem Bug direkt auf das Ufer zeigt. So bleibt unsere tiefste Stelle unterm Heck im etwas tieferen Fahrwasser. Einmal wäre Petra beim Absteigen fast im Wasser gelandet. Aber es ist alles gut gegangen.

So schleusen wir eine Schleuse nach der anderen. Unser Timing ist perfekt. Genau zur Zeit der Schleusenmittagspause fahren wir zwischen zwei Schleusen ein längeres Stück. Pünktlich zum Ende der Mittagspause kommen wir bei der nächsten Schleuse an und können einfahren. Mit der Schleuse "Sauzen" haben wir etwas später genau die Hälfte aller Schleusenkammern auf dem Canal du Midi hinter uns gebracht. Nur noch 42 weitere ... abgesehen vom Canal de Garonne, wo noch mal 53 Schleusen auf uns warten ;-)

Um kurz vor 1700 passieren wir die Schleuse beim Ort Saint-Martin-Lalande. Wir könnten zwar noch knappe zwei Stunden weiterfahren, aber wir haben für heute genug geackert. Nach der Schleuse suchen wir uns eine Stelle am Ufer, die tief genug ist, um dort an Land zu gehen. Hier gibt es zwar keine Poller zum Festmachen, aber das Ufer ist mit Holz befestigt. Ein paar Nägel sorgen dafür, dass unsere Leinen dort nicht abrutschen. So liegen wir nun fest und sicher am Rande des Kanals unter Platanen. Die Sonne ist auch endlich rausgekommen, wir haben gut gegessen, genießen den Abend und lauschen einer Nachtigall, die uns ein Privatkonzert gibt.

Morgen früh um 0900 geht es weiter - die nächste Schleuse ist schon in Sichtweite.


Was für ein romantischer Liegeplatz!

16.6.12: Bergfest!!!

Wie geplant brechen wir um 0900 Uhr auf und schleusen wie die Weltmeister! In einer der ersten Schleusen gab es ein Erlebnis der besonderen Art: Wir sitzen IN der Schleuse auf Grund! Kaum zu fassen, dass auch das passieren kann. Der Schleusenwärter zuckt nur mit den Achseln, denn das Wasser wird uns ja gleich nach oben befördern. Dass das Boot beim Freikommen aber erst mal heftig nach vorne zieht, ist dann halt unser Problem. Aber auch das geht gut.

Schleuse um Schleuse geht es weiter hinauf. Vor einer Schleuse machen wir Mittagspause. Wenige Schleusen weiter haben wir endlich den höchsten Punkt unserer Reise erreicht. Die Schleuse Méditerranée ist die letzte Bergschleuse. Nun befinden wir uns in dem Bereich, in dem der Canal du Midi mit Wasser aus den Bergen gespeist wird. 190 Meter über dem Meeresspiegel!

Bergfest! Wasserversorgung
des Canal du Midi

Von nun an geht es bis zum Atlantik abwärts. Was für eine Wohltat. Kein schwieriges Absetzen von Petra vor der Schleuse mehr. Kein wildes Wassereinbrechen. Nur noch sanftes Hinuntergleiten! Nach der ersten Talschleuse (Océan) kommen einige Automatikschleusen. Hier gibt es keinen Schleusenwärter. Man muss vor der Schleuse kurz aussteigen (kein Problem, weil dort Anlegestege sind, die genug Wassertiefe haben), auf einen Knopf drücken, und die Schleuse öffnet sich. Wenn man in der Schleuse festgemacht hat, drückt man einen weiteren Knopf und es geht talwärts. Echt einfach und problemlos.

Endstation unserer heutigen Fahrt ist der Kai von Gardouch. Hier machen wir um 1800 Uhr fest. Heute haben wir über 30 km hinter uns gebracht und 23 Schleusenkammern (davon 18 Bergschleusen). Morgen werden wir südlich von Toulouse in eine Marina fahren und hoffen, dort Deutschland vs. Dänemark zu sehen. Bald haben wir den Canal du Midi geschafft. Mehr als die Hälfte aller Schleusen liegen schon hinter uns. Und in 16 Kilometern haben wir auch die Hälfte der Strecke binnen zurück gelegt.

17.6.12: Port Sud – kurz vor Toulouse

Wir haben den Canal du Midi nun so gut wie hinter uns gebracht. Der heutige Tag war ziemlich entspannt. Bergabschleusen ist einfach easy. Die meisten Schleusen heute waren automatisiert. Petra steigt vor der Schleuse vom Boot, drückt einen Knopf in Fahrtrichtung Toulouse und die Schleuse öffnet sich. Wenn wir in der Schleuse sind, muss ein weiterer Knopf gedrückt werden und die Schleuse bringt uns nach unten.

Die Landschaft hat sich verändert. Die Weinberge sind weg. Stattdessen große Felder mit Mais oder Getreide. Aber das Vogelgezwitschert begleitet uns weiterhin und wir braten wie die Grillhähnchen in der Sonne ...

In der Marina Port Sud gibt es Wasser, Strom, Waschmaschinen (endlich!!!) und ein gutes WiFi. Das grandiose Spiel Deutschland gegen Dänemark haben wir an Bord via Internet-Live-Stream (ESPN2) verfolgen können. Mit uns hat ein junger Angler das Spiel angeschaut, der hinter unserem Boot seine Angeln ausgeworfen hat und von uns ein Glas Rotwein bekommen hat. Er hat sich mit uns mit gefreut :-)


Port Sud bei Toulouse

Morgen fahren wir durch Toulouse, lassen die letzten drei Schleusen des Canal du Midi hinter uns und biegen ein in den Canal Lateral du Garonne. Noch gute 200km und etwas mehr als 50 Schleusen. Dann hat uns das Seewasser wieder!!!

18.6.12: Auf in den Canal Lateral du Garonne

Heute morgen gab es zum Frühstück Pancakes mit Palmenhonig. Hmmmm!!! Wir füllen unseren Wassertank und nutzen noch einmal das gute WiFi im Hafen. Dann geht es weiter, die letzten Kilometer auf dem Canal du Midi. Auf der linken Seite des Kanals liegen viele Hausboote. Uns kommt ein Arbeitschiff entgegen, dreht und fährt uns wieder voraus. Es handelt sich offensichtlich um eine Art überdimensionalen Rasenmäher, der den Bewuchs im Kanal auf ca. 1,60m Tiefe beschneidet. Auf unserem Fischfinder können wir deutlich die gerade Linie erkennen, die durch die Pflanzen geschnitten wurde. Sachen gibt's ...

Im Zentrum von Toulouse fahren wir an die Tankstelle. Wir haben seit der letzten Tankfüllung 38 Stunden motort. Nun sind wir gespannt, wie viel wir nachtanken müssen. Wir können es kaum glauben: Es gehen nur 32 Liter in den Tank!! Also haben wir gerade mal 0,84 Liter Diesel pro Stunde verbraucht. Normalerweise auf See und in Marschfahrt pendeln wir so zwischen 1,8 und 2,2 Liter pro Stunde. Wir legen neben der Marina noch einmal kurz an und gehen einkaufen. Sehr praktisch, so eine Großstadt! Dann geht es weiter in die letzten drei Schleusen vom Canal du Midi. Zum ersten Mal erleben wir hier etwa 100 Meter vor der Schleuse einen langen Gummiknüppel, der über dem Kanal herabhängt. Den muss man in der Vorbeifahrt ergreifen und drehen. Dadurch wird die Schleuse geöffnet.

Kurze Zeit später haben wir das Ende des Canal du Midi (oder den Anfang, je nach Fahrtrichtung) erreicht. In einem großen Becken geht es links in Richtung Garonne und rechts in den Canal Lateral du Garonne. Schilder gibt es keine, das muss man einfach so wissen.

Im Canal du Garonne sind alle Schleusen automatisiert. Das bedeutet, vor jeder Schleuse hängt ein Gummiknüppel herab. Petra hat auch einen Namen für die Dinger erfunden: "Strömpel" :-) Vor einer Schleuse hätten wir den Strömpel fast nicht gesehen, weil er noch vor der letzten Brücke vor der Schleuse hing. Wir mussten aufstoppen und uns ein paar Meter rückwärts hangeln ... nicht gerade eine Freude mit unserem Langkieler und der leichten Strömung im Kanal.


Der Strömpel

Landschaftlich ist der Canal de Garonne nicht ganz so schön wie der Canal du Midi. Die ersten Kilometer fährt man nur durch Industriegebiete und an der Autobahn entlang. Rechts verläuft lange Zeit die Eisenbahn. Die schönen urwüchsigen Waldgebiete und Alleen, durch die wir im Languedoc gefahren sind, gibt es hier bislang nicht. Aber vielleicht kommt das ja noch ...

Um kurz vor Sieben erreichen wir den kleinen Hafen von Montech. Es gibt noch genau einen freien Platz :-) Die Hafengebühr beträgt 5,60 EUR inklusive Strom. Das ist ja mal günstig! Wir haben heute Mittag frische Würstchen gekauft, die wir uns nun auf den Cobb-Grill hauen. Dazu gibt es Salat, Brot und natürlich Rotwein. Nachts regnet und gewittert es.

19.6.12: Von Montech nach Agen

Wie immer klingelt um 0800 Uhr der Wecker. Wir frühstücken und legen pünktlich um 0900 Uhr ab. Bei Montech gibt es eine Abzweigung zu einer anderen Stadt. Außerdem gibt es einen Wasserkeil (wie in Beziers), der aber außer Betrieb ist. Die Frage ist nun, welcher Weg ist der Richtige? Wir entschließen uns für die Mitte und landen prompt in der Sackgasse, die zum Wasserkeil führt. Ein Schleusenwärter kommt uns auf dem Motorroller entgegen und signalisiert uns, dass wir die andere Einfahrt nehmen müssen. Ein paar Schilder wären ja doch mal ganz nett ... Dafür geht das Schleusen schnell. Der Höhenunterschied, der durch den Wasserkeil überwunden wird, wird von fünf konventionellen Schleusen egalisiert. Alle Schleusen sind mit Schleusenwärter/innen besetzt. In der folgenden Schleuse ist immer schon das Wasser drin. Ruck Zuck sind wir unten.

Während der Weiterfahrt wird die Landschaft etwas schöner. Wir passieren ein großes Aquädukt über die Garonne und den alten Ort Moissac. In Moissac gibt es eine kleine Drehbrücke, die für uns aufgemacht wird. Leider regnet es den ganzen Vormittag. Wir haben das Ölzeug an. Später lässt der Regen zum Glück nach. Eine Schleuse nach der anderen bahnen wir uns den Weg bis nach Agen.


Blumen auf Brücken

Wir finden noch Platz im kleinen Hafen, gehen lecker essen und sitzen nun bei McDonalds (weil hier super WiFi ist!) bei einem Cafe. Wir haben nun schon 33 der 53 Schleusen des Canal Lateral du Garonne hinter uns. Noch zwei Tage, dann geht es in die Garonne und nach Bordeaux. Dann hat das Seewasser uns endlich wieder.

20.6.12: Von Agen nach Le Mas d'Agenais

Aufbruch um 0930. Direkt bei Agen fließt die Garonne vorbei. Der Kanal überquert die Garonne auf einem riesigen Aquädukt. Ein toller Ausblick! Direkt dahinter liegen vier Schleusen, die gleichgeschaltet sind. Wenn man aus der ersten herausfährt, ist die zweite schon fertig für die Einfahrt. Da geht das Schleusen recht schnell.

Wir fahren durch dichten Urwald. Ein Amazonas-Feeling stellt sich ein. Trotz des dichten Bewuchses an den Seiten ist es immer noch tief genug im Kanal, auch wenn ich im Moment ziemlich skeptisch auf unseren Tiefenmesser schaue. Bereits seit Tagen begleiten uns viele Libellen. Die schönsten unter ihnen haben einen hellblauen Körper und schwarzblaue Flügel. Ich versuche, mit dem Teleobjektiv eines dieser schnellen Insekten einzufangen - es ist ziemlich schwierig, aber ein ganz guter Schnappschuss ist mir tatsächlich gelungen.

Aquädukt
über die Garonne
Die Garonne Wir fahren durch
den Urwald
Libelle im Flug

Gegen 1730 machen wir Halt bei dem kleinen Dörfchen Le Mas d'Agenais. Hier gibt es am Bootsanleger Duschen. Leider können wir uns keine Duschmarken kaufen, weil uns die entsprechende französische Kreditkarte fehlt. Aber Not macht erfinderisch und Petra hat die rettende Idee. Wir nehmen unsere Campingdusche und hängen sie in der Duschkabine auf. Für zwei schnelle Duschen reichen die 20 Liter gerade - und schön warm ist die Dusche auch, denn es war heute den ganzen Tag heiß und der schwarze Sack lag in der Sonne.

Wir stiefeln hoch in den Ort, kaufen ein bißchen ein und kochen an Bord. Es gibt Gulasch. Vorher haben wir noch eine nette Begegnung mit einem belgischen Ehepaar. Er (Arie) ist Pilot in Rente, sie (Monique) war seine Stewardess ... der totale Klassiker!!! Die beiden bringen ihre Segelyacht ebenfalls in den Atlantik, haben aber noch etwas Zeit und bummeln daher vor sich hin. Ich kann mir ein paar Seiten aus Aries Törnführer über die Garonne kopieren (= fotografieren). Während das Gulasch vor sich hin schmort, sitzen wir nett bei einem Glas Rotwein zusammen.

Nach dem Essen spazieren wir noch einmal gemütlich in den Ort, trinken uns einen Pastis am Marktplatz und bewundern die offensichtlich sehr alte Überdachung auf dem Platz. Der Wirt der Bar erzählt uns, dass die Holzpfeiler aus dem Jahr 1682 stammen. Die Steinsockel darunter sind sogar aus dem 11ten Jahrhundert. Auch die Kirche am Platz ist aus dem romanischen Zeitalter.


Markthalle in Le Mas d'Agenais

Als wir in die Kojen kriechen, hat es angefangen zu regnen. Es war schon den ganzen Nachmittag sehr schwül - jetzt bricht ein Gewitter los. Aber ich bin so müde, dass ich davon nichts mehr mitbekomme ...

21.6.12: Von Le Mas d'Agenais nach Castets en Dorthe

Am nächsten Morgen gehe ich noch einmal kurz hoch in die Stadt, um den alten Marktplatz zu fotografieren. Mit zwei Croissants bewaffnet kehre ich zurück an Bord. Petra hat schon das Frühstück gemacht. Um kurz nach 0900 geht es los auf die letzte Etappe im Canal Lateral du Garonne. Noch 9 Schleusen, dann sind wir in Castets en Dorthe vor der letzten Schleuse, durch die wir morgen in die Garonne fahren und flussabwärts bis nach Bordeaux motoren.

Kurz vor der Schleuse 49 beginnt sich der Bewuchs des Kanals zu verändern. Vom Boden greifen lange Schlingpflanzen nach Bootsrumpf und Propeller. Die Fahrt wird merklich langsamer. Hin und wieder müssen wir kurz den Rückwärtsgang einschalten, um den Propeller wieder freizuwirbeln.


Schlingpflanzen greifen nach dem Schiff

Passend zu diesem Problem gesellt sich ein zweites: Die letzten Schleusen funktionieren nicht mehr. Wir drehen am Strömpel aber nichts tut sich ... Also legen wir an und gehen zu Fuß zur Schleuse. Dort ist ein Notfallknopf installiert, mit dem man den Schleusenwärter rufen kann. Der kommt auch direkt und aktiviert die Schleuse wieder. Er sagt, es liege am starken Wind, der die Elektrik durcheinander bringe. In der nächsten Schleuse schließt das Tor nicht mehr richtig. Der Schleusenvorgang kann nicht starten. Wir drücken wieder den Notfallknopf. Der Schleusenwärter kommt mit dem Auto angefahren. Es ist der selbe, der uns eben schon weitergeholfen hat. Eine Schleuse weiter steht das Schleusensignal auf "gesperrt" (= 2 rote Lichter übereinander). Wir drücken den Knopf ... Und wieder kommt unser Schleusenwärter und hilft uns weiter. Zwischendurch hatte er schon mal gefragt, ob wir heute noch nach Bordeaux wollen. Wir sagen ihm, dass es erst morgen dort hin gehen soll. Er sagt irgendwas von "11:30 Uhr" und dass er uns schleusen wird.

Jedenfalls, wir haben jetzt den Hafen von Castets en Dorthe erreicht. Die freundliche Dame im Hafen-Office fragt mich, ob ich schon bei der Schleuse angerufen hätte, um unsere Durchfahrt für morgen anzukündigen. Ich verneine. Da der Schleusenwärter nur französisch spricht, ruft die nette Dame für mich an und erfährt, dass der Schleusenwärter uns ja schon gesagt habe, dass wir um 11:30 Uhr morgen dran sind :-) It's France, Darling!!!!

22.6.12: Von Castets en Dorthe nach Bordeaux

Wir haben einen Schleusentermin für die letzte Schleuse um 1130 Uhr. Das bedeutet, wir können heute mal Ausschlafen. Um kurz nach 1100 Uhr geht es los. Wir werden in die vorletzte Schleuse gewunken. Kurz darauf sind wir in der letzten Schleuse der Kanäle, bedanken uns nochmal beim Schleusenwärter und runter geht es in die Garonne.


Die letzte Schleuse in Castets in Dorthe

Was für eine Wohltat. Viel Wasser unterm Kiel, das ablaufende Wasser und der Strom des Flusses schieben uns, die Garonne ist breit. Keine Schleuse mehr, die uns aufhält!!! Gegen 1600 Uhr haben wir die 30 Seemeilen bis nach Bordeaux zurückgelegt. Auf den Sandbänken sind immer wieder alte Schiffswracks zu sehen. Die Garonne ist nicht ohne!

Die Garonne Bordeaux Wracks am Ufer

Wir legen erst in einer Privatmarina vor der Autobahnbrücke an. Aber dort können wir nicht bleiben, denn wir können den Steg nicht verlassen (abgeschlossen!). Das erklärt uns ein netter Einheimischer. Also gehen wir nach gegenüber. Dort soll es laut unserem Hafenführer Reeds Besucherplätze geben.

Am Steg werden uns die Leinen von einem freundlichen Schotten entgegen genommen. Er erzählt uns, dass man hier auch nicht vom Steg kommt. Petra checkt erst mal die Lage ... und wir kommen doch vom Steg! Wir müssen zwar etwas klettern (im Gatter ist eine Lücke, durch die wir passen), aber es geht. Na also!! Einkaufen kann man hier auch. Jetzt fehlt uns nur noch die Kneipe zum Fussballgucken ...

So richtig viel Hoffnung haben wir nicht. Die Bar, in der wir als erstes fragen, macht um 2100 Uhr zu. Das Tapas-Restaurant sieht auch nicht so danach aus. Aber da gibt es noch so eine Kebab-Bude ... die sich bei näherem Hinsehen als nettes kleines türkisches Restaurant entpuppt. Der Wirt ist ganz entzückt, dass wir aus Deutschland kommen und - naturalement!!! - wird hier gleich Fußball geschaut!!! YES!!!! Der Abend ist gerettet!

23.6.12: Ein kurzer Schlag nach Pauillac

Heute geht es ein Stück die Garonne und Gironde runter bis nach Pauillac. Aus dem Törnführer wissen wir, dass man in Pauillac nur einlaufen sollte, wenn wenig Strömung herrscht. Das ist der Zeitpunkt, an dem die Ebbe wieder in die Flut übergeht und die normale Strömung des Flusses egalisiert wird. Laut Tidenkalender soll das heute Abend gegen 1730 Uhr sein. Da es bis Pauillac nur 22 Meilen sind und wir die Strömung mit uns haben, tuckern wir im Standgas flussabwärts. Obwohl wir nur 3 Knoten Fahrt durch das Wasser machen, bewegt sich Sophie trotzdem mit bis zu 7 Knoten über Grund. 4 Knoten Strömung!!! Wir sind also trotzdem etwas zu früh am Hafen von Pauillac.

Die Einfahrt in den Hafen gestaltet sich noch schwieriger, als ohnehin gedacht. Die Einfahrt ist zum Ufer hin offen und bei Niedrigwasser gibt es nur einen ganz schmalen Streifen, den man überhaupt befahren kann. Wir haben Niedrigwasser. Das macht die Einfahrt noch schmaler. Den ersten Versuch, hineinzukommen, brechen wir ab. Das kommt uns alles zu flach vor. Wir warten eine Stunde. Das Wasser hat schon zu steigen begonnen. Aber auch der zweite Versuch scheitert. Wir berühren den Grund. Außerdem hat schon wieder Strom eingesetzt und drückt Sophie in Richtung Ufer ... puh, so ein Sch...!!! Wir warten noch eine weitere halbe Stunde. Jetzt sollte eigentlich genug Wasser da sein. Und es klappt auch endlich. Man muss sich ganz eng an der Hafenmauer entlang quetschen (ungefähr auf Enterhakenreichweite). Dort ist es tief genug. Wenn man dann in den Hafen einbiegt, muss man gegen den Strom kräftig Gas geben, damit das Boot in der Einfahrt herumkommt. Nichts für schwache Nerven!!! Ich bin ganz schön froh, als wir endlich im (tieferen) Hafenbecken sind.


Pauillac

Pauillac ist leider eine Enttäuschung. Eigentlich ist das hier ein berühmter Weinort. Aber das Dorf sieht ziemlich heruntergekommen aus. Man hat nicht das Gefühl, dass sich hier irgend jemand Mühe gibt. Immerhin, es gibt ein paar Restaurants. Wir gehen essen (ganz gut, aber ziemlich teuer). Und es gibt noch nicht einmal eine Bar, in der das Spiel Frankreich gegen Spanien gezeigt wird. Unfassbar!!!

Na gut, dann eben nicht! Wir gehen zurück auf's Schiff, trinken Rotwein und freuen uns drauf, morgen weiter nach Port Medoc zu fahren. Hoffentlich ist es dort besser.

25.6.12: Der Mast steht wieder

Gestern sind wir gut im Port Medoc angekommen. Heute morgen um 1130 Uhr haben wir den Mast wieder gestellt. Der Kranführer hat den Mast angehoben, den Rest haben wir beide alleine gemacht. War etwas spannend, aber hat gut geklappt. Den Rest des Tages haben wir damit verbracht, Sophie wieder auf Vordermann zu bringen. In erster Linie haben wir das Boot geputzt. Vor allem der Rumpf hatte während der Kanalfahrt ganz schön gelitten. Außerdem mussten wir die Segel wieder anschlagen und einiges aus dem Vorschiff wieder nach Achtern umpacken.


Der Mast steht wieder!!!

Zur Belohnung waren wir richtig gut essen im Dorf nebenan. Und jetzt sitzen wir bei einem tollen Rotwein aus der Region im Cockpit und freuen uns auf die Bretagne, die nun vor uns liegt.

Die Umgebung von Port Medoc ist auch ganz nett. Am nächsten Morgen haben wir erst mal eingekauft. Unsere Kickboards haben uns in Windeseile in den Nachbarort zum Kaufmannsladen gebracht. Genauso schnell waren wir auch wieder zurück.

Vormittags war es noch sehr diesig und schwül. Gegen Mittag kam endlich die Sonne raus. Wir machen einen Spaziergang zum Pointe de Grave. Zum Atlantik hin gibt es große Sanddünen und einen Megastrand. Nach einem Strandspaziergang sind wir in einem der Restaurants hinter den Dünen eingekehrt. Petra bekam einen Cheeseburger, ich habe mir 6 Austern und einen Topf Muscheln schmecken lassen. Dazu etwas kühlen Rosé ... herrlich!

Zurück an Bord checken wir das Funkgerät. Aber der Hafen antwortet nicht. Das Messgerät liefert die Erklärung: Die Antenne ist nicht richtig angeschlossen. An den Steckern unter Deck liegt es nicht. Also ab in den Mast. Wir ziehen ein Kletterseil nach oben, damit Petra es beim Hochwinschen leichter hat. Das klappt super. Oben im Mast dann die Gewissheit: Das Kabel hatte sich im Stecker gedreht und die Masse keinen Kontakt mehr. Die Antenne ist nach wie vor in Ordnung (Gottseidank!). Ich kann den Stecker oben im Mast reparieren. Ein erneuter Radiocheck mit der Marina ist erfolgreich! Super! Dann kann es morgen ja losgehen.


Die letzte Schleuse vor dem Atlantik
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